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13.01.2016 |

Studie: Industrielle Landwirtschaft heizt Artenschwund auf den Äckern an

Hase
Immer seltenerer Gast auf dem Acker (Foto: Ian/Flickr.com)

Um die Artenvielfalt in Europas Agrarlandschaften ist es schlecht bestellt, denn die industrielle Landwirtschaft verdrängt mit ihrem Einsatz von Chemie, engen Fruchtfolgen, hoher Technisierung und überzogener Düngung viele Tier- und Pflanzenarten aus ihrem Lebensraum. So lautet das Fazit der Studie „Die (un-)heimliche Arten-Erosion“, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Autor Stephan Börnecke wertete für die Bestandsaufnahme zahlreiche Studien und Berichte von Wissenschaftlern, Naturschutzorganisationen und Behörden aus. Der schleichende Artenschwund betreffe Insekten, Vögel, Säugetiere, aber auch Pflanzen wie Wildkräuter. So hätten sich die Bestände von 15 der 20 heimischen Brutvögel in landwirtschaftlich genutzten Lebensräumen kontinuierlich reduziert, bei drei Arten habe sich der Bestand seit 1980 gar mehr als halbiert. Vorzeigearten wie Kranich, Seeadler, Uhu oder Wanderfalke würden zwar „gehätschelt“, doch für „Allerweltsarten“ sehe es schlecht aus: So sei etwa in Hessen der Feldgrashüpfer aus der Agrarlandschaft, von der er abhängig ist, binnen weniger Jahre praktisch verschwunden. Genauso stelle sich die Lage der Blütenpflanzen der Agrarlebensräume dar: „Einzelne Arten haben seit den 1950er Jahren mehr als 99 Prozent ihres Bestands eingebüßt“, zitiert der Autor eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie. Eine Hauptursache für die fortschreitende Abnahme der Biodiversität sei die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft. „Der ‚saubere Acker’, auf dem nur lebt, was dem kurzfristigen Profit nützt, ist für die Biodiversität ein fatales Leitbild der Landwirtschaft, weil es unmittelbar das Lebensrecht aller Nicht-Kulturarten in Frage stellt und damit zur Destabilisierung des immer artenverarmteren Öko-Systems beiträgt“, schreibt Börnecke. Die Studie geht mit der EU-Agrarpolitik und der Umsetzung der EU-Ziele zur Sicherung der Artenvielfalt hart ins Gericht. Die EU habe im Prinzip relativ ehrgeizige Biodiversitätsziele, doch mit den jetzigen Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) würden diese mit Sicherheit verfehlt. Die GAP sei nur um ein Quäntchen verändert worden, da unter anderem selbst in den ohnehin viel zu klein bemessenen ökologischen Vorrangflächen sogar Pestizide eingesetzt werden dürfen. So lasse sich Biodiversität nicht bewahren. Der Europa-Abgeordneten Martin Häusling (Grüne), der die Studie in Auftrag gegeben hat, fordert daher eine komplette Neuausrichtung der GAP. Zahlungen dürfe es nur noch für Landwirte geben, deren Methoden ein Höchstmaß an ökologischer Verträglichkeit und Tiergerechtheit beinhalten. Der Ökolandbau solle Leitbildfunktion erhalten. Zudem müsse der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft schnellstmöglich verringert werden. Das Zulassungsverfahren müsse strenger und die Entwicklung von chemiefreien Push-und Pull-Systeme sowie die Beratung zum biologischen Pflanzenschutz gefördert werden. Denn „mit dem Tunnelblick auf ein „Immer Mehr“ an Produktion scheint die aktuelle landwirtschaftliche Praxis völlig vergessen oder verdrängt zu haben, dass sie mitten in den Natur stattfindet, ja ein Teil von ihr ist – trotz sämtlicher technischer Optimierungs- und Überlistungsversuche“, gibt Häusling im Vorwort der Studie zu bedenken. (ab)

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