News

23.11.2021 |

Export bienenschädlicher Neonicotinoide aus der EU boomt

DeadBee
Die EU exportiert Bienengifte (Foto: CC0)

Insektizide auf Basis sogenannter Neonicotinoide gelten als gefährlich für Bienen und Bestäuber. Obwohl die Ausbringung der drei „Bienenkiller“ Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin in der EU im Freiland seit 2018 verboten ist, stellten Agrochemiekonzerne wie Syngenta und Bayer weiterhin große Mengen dieser Insektizide in der EU her und exportieren diese – vor allem in Länder mit schwächeren Vorschriften, wie Brasilien, die eigentlich entscheidend für die Bewahrung der Biodiversität wären. Das zeigt eine Recherche der Schweizer Nichtregierungsorganisation „Public Eye“ und von Unearthed, dem Investigativ-Team von Greenpeace Großbritannien.

Allein in den letzten vier Monaten des Jahres 2020 meldeten Agrochemiekonzerne die Ausfuhr von fast 3.900 Tonnen Neonicotinoiden, darunter über 700 Tonnen mit den in der EU verbotenen Wirkstoffen Imidacloprid von Bayer, Thiamethoxam von Syngenta und Clothianidin von Bayer bzw. BASF. Diese Menge würde zur Behandlung von etwa 20 Millionen Hektar Ackerland ausreichen, also der gesamten Agrarfläche Frankreichs, betonen die Organisationen. Sie kritisieren, dass die EU trotz des Verbots auf den eigenen Feldern den massenhaften Export genau jener Substanzen weiterhin toleriert. „Die Entscheidung der EU war eine Weltpremiere und spiegelte den breiten wissenschaftlichen und politischen Konsens wider, den Schutz von Bienen und anderen Bestäubern markant zu verstärken, von denen ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion abhängt“, schreiben sie in der Pressemitteilung. Von der EU fordern sie nun entschlossenes Handeln.

Public Eye und Unearthed analysierten vertrauliche Ausfuhrdaten, die sie gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingefordert hatten. Seit September 2020 müssen alle Exporte von in der EU verbotenen Chemikalien im Rahmen internationaler Richtlinien gemeldet werden. Die Recherche zeigt, dass das große Geschäft mit den für Bienen und Bestäuber gefährlichen Stoffen weitergeht und nun eben in anderen Teilen der Welt die Umwelt und die Biodiversität gefährdet. Die Auswertung ergab, dass die europäischen Behörden allein von September bis Dezember 2020 den Export von fast 3.900 Tonnen auf der Basis von Neonicotinoiden hergestellten Insektiziden genehmigten. Größter Exporteur aus Europa ist der Agrochemie-Konzern Syngenta, dessen EU-Tochtergesellschaften davon allein die Ausfuhr von 3.426 Tonnen Insektiziden meldeten. Von der Gesamtausfuhrmenge von 3.900 Tonnen machen 702 Tonnen die drei in der EU verbotenen Wirkstoffe aus, wovon der Löwenanteil mit 551 Tonnen (78,6%) auf Thiamethoxam von Syngenta entfiel. An zweiter Stelle steht Bayer mit Pestizidexporten von insgesamt 138 Tonnen, inklusive 60 Tonnen Imidacloprid und Clothianidin. BASF verkaufte laut den NGO-Recherchen 43,6 Tonnen des in der EU verbotenen Wirkstoffes Clothianidin. Produziert wurden die drei in der EU verbotenen Wirkstoffe in neun Mitgliedsstaaten: Belgien ist das wichtigste Exportland mit 310 Tonnen, gefolgt von Frankreich mit 157 Tonnen Wirkstoff und Deutschland mit 97 Tonnen.

Wichtigster Importeur von in der EU verbotenen Neonicotinoiden ist Brasilien. 318 Tonnen Wirkstoff oder 45,4% Prozent der Gesamtmenge wurden in das südamerikanische Land exportiert, das bis zu 20% der verbleibenden Biodiversität unseres Planeten beherbergt. Es folgen Russland (95 Tonnen), die Ukraine (44 Tonnen) und Argentinien (35 Tonnen). Was die Gesamtmenge an exportierten Neonicotinoiden anbelangt so ist Brasilien mit 2241 Tonnen Pestiziden auf der Basis von Neonicotinoiden der größte Absatzmarkt. Vor allem Syngenta generiert dort ordentliche Gewinne. Für die riesigen Sojaplantagen in Brasilien exportierte der Schweizer Konzern rund 2,2 Millionen Liter seines Hauptprodukts Engeo Pleno S. Der Verkaufsschlager enthält neben Thiamethoxam auch Lambda-Cyhalothrin, ein für Bienen ebenfalls hochgiftiger Stoff. Das Insektizid wird von Belgien aus nach Brasilien exportiert und die Menge dieses Produktes allein würde den NGOs zufolge ausreichen, um eine Fläche damit zu besprühen, die drei Mal so groß wie Belgien ist. Der Großteil der aus der EU exportierten Neonicotinoide oder 90% gehen in Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen, wo die Anwendungsregelungen für Pestizide häufig weniger streng sind als in der EU. Weitere wichtige Importeure sind hier neben Brasilien auch Indonesien, Südafrika oder Ghana. Auch Marcos Orellana, der UN-Sonderberichterstatter für giftige Stoffe und Menschenrechte, forderte unlängst die EU auf, die „Externalisierung der Gesundheits- und Umweltkosten auf die Schwächsten“ zu beenden. (ab)

Back to news list

Donors

Donors of globalagriculture Bread for all biovision Bread for the World Misereor Heidehof Stiftung Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Rapunzel
English versionDeutsche VersionDeutsche Version