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14.07.2020 |

UN-Bericht: Zahl der Hungernden steigt das fünfte Jahr infolge

Gesund
Gesunde Lebensmittel - für viele Menschen unerschwinglich (Foto: CC0)

Rückschritte statt Fortschritte bei der Hungerbekämpfung vermeldet ein am 13. Juli von fünf UN-Organisationen veröffentlichter Bericht: 2019 hungerten weltweit 60 Millionen Menschen mehr als noch vor fünf Jahren. Zugleich sind rund um den Globus verschiedene Formen von Mangelernährung auf dem Vormarsch. „The State of Food Security and Nutrition in the World” (SOFI) schätzt die Zahl der Hungernden für 2019 auf 687,8 Millionen – fast jeder zehnte Mensch weltweit ist chronisch unterernährt. Dem aktuellen Bericht zufolge waren es im Vorjahr noch 678,1 Millionen Menschen. Seit fünf Jahren steigt die Zahl wieder und wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden im Jahr 2030 rund 840 Millionen Menschen unterernährt sein, warnen die Experten. Die Folgen der Covid-19-Pandemie sind dabei noch gar nicht einkalkuliert: Bis zu 132 Millionen könnten 2020 dazukommen. Das Erreichen des 2. UN-Nachhaltigkeitsziels (SDG2), wonach bis 2030 Hunger und alle Formen der Mangelernährung besiegt sein sollten, rückt damit in weite Ferne. „Hunger ist das eine. Zudem musste eine wachsende Zahl von Menschen die Menge und Qualität der Lebensmittel, die sie zu sich nimmt, reduzieren“, schreiben die Leiter der Welternährungsorganisation FAO, des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, des UN-Kinderhilfswerks UNICEF, des Welternährungsprogramms und der Weltgesundheitsorganisation im gemeinsamen Vorwort zum Bericht. Insgesamt hatten 2019 über 2 Milliarden Menschen keinen regelmäßigen Zugang zu sicherer, nahrhafter und ausreichender Nahrung. „ Die Lage könnte sich verschlimmern, wenn wir nicht umgehend und entschlossen handeln“, heißt es weiter.

Die im neusten SOFI-Bericht genannten 690 Millionen Hungernden liegen deutlich unter der in der vorigen Ausgabe für 2018 genannten Zahl von 821 Millionen Unterernährten. Dies liegt den Autoren zufolge an einer verbesserten Datengrundlage. Neue Daten zur Bevölkerungszahl, der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und Angaben aus Haushaltsbefragungen ermöglichten für 13 Länder eine Überarbeitung der Schätzungen, darunter auch für China. Dort gelten nun weniger als 2,5% der Bevölkerung als unterernährt, während der Anteil ohne Überarbeitung der Methode auf knapp 10% gestiegen wäre. Da in China ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt, sinkt die absolute Zahl der Hungernden dadurch deutlich und auch rückwirkend bis zum Jahr 2000. „Obwohl China immer noch vor Herausforderungen in den Bereichen Ernährungssicherheit und Ernährung steht, hat es seit der letzten Aktualisierung beeindruckende wirtschaftliche und soziale Entwicklungsfortschritte erzielt, die in früheren Bewertungen nicht berücksichtigt wurden“, erläutern die Autoren. Am generellen Trend ändert die Überarbeitung jedoch nichts: Die Zahl der Hungernden steigt weiter.

Der Großteil der weltweit Hungernden lebt in Asien, doch in Afrika steigt die Zahl am schnellsten. Etwa 55,4% der Unterernährten oder 381 Millionen Menschen lebten 2019 in Asien, gefolgt von Afrika mit 250,3 Millionen (36,4%) und Lateinamerika und der Karibik mit 47,7 Millionen (6,9%). 2030 könnte Afrika mit 433 Millionen Unterernährten vor Asien mit 329 Millionen liegen. Auch der Anteil der chronisch Unterernährten an der wachsenden Weltbevölkerung steigt leicht an, von 8,6% im Jahr 2014 auf 8,9% in 2019. Die prozentual am stärksten von Unterernährung betroffene Region ist Afrika: Dort hungern fast 19,1% der Bevölkerung. Besonders besorgniserregend ist die Situation in Ostafrika, wo mehr als ein Viertel der Bevölkerung (27,2%) unterernährt ist. In Asien hungern 8,3% der Bevölkerung, während in Lateinamerika und der Karibik 7,4% der Menschen betroffen sind.

Der Bericht stellt auch fest, dass eine gesunde Ernährung, die Mangelernährung vorbeugen würde, für fast die Hälfte aller Menschen unerschwinglich ist. Die Kosten für eine gesunde Ernährung, die u.a. den Verzehr von mindestens 400g Obst und Gemüse am Tag beinhaltet, übersteigen die auf 1,90 US-Dollar pro Person und Tag festgesetzte internationale Armutsgrenze. Selbst der Preis für die billigsten gesunden Nahrungsmittel ist fünfmal höher als eine rein stärkebasierte Ernährung. Nährstoffreiche Milchprodukte, Obst, Gemüse und proteinreiche Nahrungsmittel (pflanzliche und tierische) gehören weltweit zu den teuersten Lebensmittelgruppen, betonen die Autoren. Den jüngsten Schätzungen nach können sich 3 Milliarden Menschen keine gesunde Ernährung leisten. In Subsahara-Afrika und Südasien gilt dies für 57% der Bevölkerung. „Es ist nicht hinnehmbar, dass sich in einer Welt, die genügend Nahrungsmittel produziert, um alle zu ernähren, mehr als 1,5 Milliarden Menschen keine Ernährung leisten können, die den erforderlichen Gehalt an essentiellen Nährstoffen enthält, und mehr als 3 Milliarden Menschen sich nicht einmal die billigste Form einer gesunden Ernährung leisten können. Menschen ohne Zugang zu gesunder Ernährung leben in allen Regionen der Welt; wir stehen also vor einem globalen Problem, das uns alle betrifft“, schreiben die UN-Organisationen. Der Bericht nennt auch finanzielle Argumente für eine weltweite Umstellung auf eine gesunde Ernährung. Denn die Investitionen dafür könnten durch Einsparungen bei den Gesundheitskosten, die mit ungesunder Ernährung zusammenhängen (2030 voraussichtlich 1,3 Billionen US-Dollar), fast vollständig wieder wettgemacht werden. Zudem ist eine gesündere Ernährung auch gut fürs Klima: Dadurch könnten die ernährungsbedingten sozialen Kosten der Treibhausgasemissionen, die für 2030 auf 1,7 Billionen US-Dollar geschätzt werden, um bis zu drei Viertel gesenkt werden. (ab)

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