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06.09.2019 |

Klimawandel: Südeuropas Landwirtschaft drohen harte Zeiten

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Sinkende Erträge in Südeuropa (Foto: CC0)

Der Klimawandel wird die europäische Landwirtschaft hart treffen – vor allem in Südeuropa, wo Landwirte in manchen Gegenden möglicherweise den Anbau von Lebensmitteln künftig ganz aufgeben müssen. Davor warnt die Europäische Umweltagentur (EUA) in einem diese Woche veröffentlichten Bericht. Demnach wird sich der Klimawandel negativ auf die Menge, Qualität und die Preise von Agrarerzeugnissen auswirken und damit auch auf das Einkommen der Landwirte und den Wert von Agrarflächen in Europa. „Aufgrund des Klimawandels werden weltweit neue Rekorde aufgestellt und die negativen Folgen dieser Veränderung beeinträchtigen bereits die landwirtschaftliche Produktion in Europa, insbesondere im Süden“, sagte EUA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. Den Bauern bereiten Extremwetterereignisse und Hitzewellen in vielen Teilen der EU schon heute erhebliche wirtschaftliche Einbußen – doch das sei erst der Anfang.

Zwar bringe der Klimawandel künftig für einige Teile Europas positive Aspekte mit sich, wie längere Vegetationsperioden und besserer Bedingungen für bestimmte Pflanzen, doch davon profitieren vorrangig Landwirte in einigen Teilen Nordeuropas. Dem Bericht zufolge werden die prognostizierten Klimabedingungen bis zum Jahr 2050 zu steigenden Erträgen für Getreide (z.B. Weizen, Mais und Gerste) sowie Wurzel- und Knollenfrüchte, wie Zuckerrüben und Kartoffeln, führen. Auch der Olivenanbau könnte sich in den nächsten Jahrzehnten aus dem Mittelmeerraum allmählich weiter nach Norden verlagern. Doch bessere Anbaubedingungen im Norden werden bei Weitem durch die Verluste zunichte gemacht, die dem Süden Europas durch Extremwetterereignisse und sinkende Produktivität drohen. Prognosen gehen davon aus, dass die Erträge von nicht bewässerten Kulturen wie Weizen, Mais und Zuckerrüben bis 2050 in Südeuropa um bis zu 50% sinken werden. In Europa könnte sich der durch den Klimawandel verursachte wirtschaftliche Schaden für die Landwirtschaft bis 2050 auf etwa 16% belaufen, wobei dieser regional sehr unterschiedlich ausfallen werde.

Darüber hinaus droht der Wert von Agrarflächen in Teilen Südeuropas bis zum Jahr 2100 um mehr als 80% zu sinken, was zur Aufgabe vieler Flächen führen könnte. Zwei Drittel des Bodenwertverlustes in der EU könnten auf Italien entfallen, wo sich veränderte Klimaparameter besonders schnell auf das Einkommen der Landwirte auswirken werden. Im Gegensatz dazu könnte der Wert von Ackerland in Westeuropa steigen, insbesondere in den nordeuropäischen Ländern. Der Klimawandel wird sich auch auf den Handel mit Agrargütern und die Handelsströme auswirken, wovon die Einkommen im Agrarsektor ebenfalls betroffen sind. Nach Angaben der Umweltagentur wird es durch den Klimawandel in der EU voraussichtlich zu keinen Engpässen bei der Versorgung mit Futter- und Lebensmitteln kommen, aber ein weltweit erhöhter Nahrungsmittelbedarf könnte in den kommenden Jahrzehnten Druck auf die Lebensmittelpreise ausüben.

Die Studienautoren betonen, dass die Anpassung an den Klimawandel für den EU-Agrarsektor höchste Priorität haben muss, wenn die Widerstandsfähigkeit gegen extreme Ereignisse wie Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen verbessert werden soll. „Trotz einiger Fortschritte muss noch viel mehr für die Anpassung getan werden, im Agrarsektor selbst und vor allem auf der Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe. Die künftige EU-Politik muss so gestaltet werden, dass der Übergang in diesem Sektor erleichtert und beschleunigt wird“, forderte Bruyninckx. Dem Bericht zufolge findet in Betriebe oft noch keine Anpassung statt, da es an der Finanzierung, politischer Unterstützung, Wissen und Bewusstsein mangle. Die Studie nennt mehrere geeignete Anpassungsmaßnahmen für den Sektor. So erhöhe etwa die Diversifizierung des Anbaus und Fruchtfolgen die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen und gehe einher mit einem effizienteren Nährstoffkreislauf, dem Erhalt der Artenvielfalt und einer verbesserten Bodenqualität. Eine weitere Maßnahme ist der Einsatz von Zwischenfrüchten, die das Risiko für Bodendegradation deutlich verringern und Stickstoff binden.

Der Bericht empfiehlt auch die Nutzung von an veränderte Klimabedingungen besser angepassten Pflanzen, die z.B. gut mit Frost oder Dürren klarkommen. Zudem binden tiefwurzelnde Pflanzen mehr Kohlenstoff im Boden und leisten so einen aktiven Beitrag gegen den Klimawandel. Die Nutzung neuer Pflanzen oder die Wiedereinführung alter Sorten wirke sich positiv auf die Biodiversität aus und erhöhe die genetische Vielfalt der Pflanzenarten, die wiederum widerstandsfähiger gegen extreme Wetter- und Klimabedingungen würden. Zur Anpassung an den Klimawandel eigne sich gerade der Ökolandbau: „Der Einsatz von organischem Dünger im Ökolandbau fördert die Speicherung von organischem Kohlenstoff in Böden. Biologische Anbaumethoden führen zu einem hohen Anteil an organischer Substanz im Boden. Dies verbessert die Wasserspeicherkapazitäten und erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen Dürren und Überschwemmungen“, heißt es im Bericht. Auch durch eine Änderung des Zeitplans für Aussaat und Ernte könnten sich Landwirte auf den Klimawandel einstellen. Weitere Anpassungsmaßnahmen seien das Anlegen von Feldrändern und Hecken, die Agroforstwirtschaft sowie eine verbesserte Bewässerungseffizienz, Regenwassernutzung und Wiederverwendung. Doch bei der Ausweitung all dieser Anpassungsmaßnahmen gehe es nur voran, wenn sie für Landwirte attraktiver gestaltet würden. Die EU-Mitgliedstaaten müssten der Anpassung an den Klimawandel im Agrarsektor höhere Priorität einräumen, z.B. durch die Ausweitung der Finanzierung für diese Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik. (ab)

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