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16.07.2019 |

UN: Weltweit hungern immer noch fast 820 Millionen Menschen

Hunger
Millionen Menschen hungern (Foto: CC0)

Die Zahl der unterernährten Menschen ist 2018 auf weltweit mehr als 820 Millionen gestiegen – jeder neunte Mensch hungert, warnt ein am Montag von fünf UN-Organisationen veröffentlichter Bericht. Zugleich nehmen Übergewicht und Fettleibigkeit in allen Weltregionen zu, vor allem bei Schulkindern und Erwachsenen. 2018 hatten Schätzungen zufolge 821,6 Millionen Menschen nicht genug zu essen, verglichen mit 811 Millionen im Vorjahr. Es ist bereits die dritte Ausgabe von „The State of Food Security and Nutrition in the World”, die statt Erfolgen einen Anstieg der Hungerzahlen vermelden muss. Wenn neben den hungernden Menschen noch jene dazugerechnet werden, die von einer moderaten Ernährungsunsicherheit betroffen sind, haben den UN-Schätzungen zufolge über 2 Milliarden Menschen keinen regelmäßigen Zugang zu sicheren, nahrhaften und ausreichenden Lebensmitteln. „Unsere Maßnahmen im Kampf gegen diese besorgniserregenden Trends müssen mutiger sein, nicht nur was den Umfang betrifft, sondern auch in Bezug auf die sektorübergreifende Zusammenarbeit, die die Bereiche Landwirtschaft, Ernährung, Gesundheit, Wasser und Abwasser, Bildung und andere relevante Sektoren einbeziehen und sich auf verschiedene Politikbereiche erstrecken muss, einschließlich die soziale Sicherung, Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik“, betonen die Leiter der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, von UNICEF, dem Welternährungsprogramms und der Weltgesundheitsorganisation in ihrem gemeinsamen Vorwort.

Der Großteil der weltweit Hungernden lebt mit 514 Millionen Menschen immer noch in Asien (62,5%), gefolgt von Afrika mit 256,1 Millionen (31%) und Lateinamerika und der Karibik mit 42,5 Millionen. Dem Bericht zufolge blieb der Anteil der chronisch hungernden Menschen in den letzten drei Jahren unverändert hoch bei fast 11% weltweit. Die prozentual am stärksten von Unterernährung betroffene Region ist Afrika: Dort hungern fast 20% der Bevölkerung. Besonders schlimm ist die Lage in Ostafrika, wo knapp ein Drittel der Bevölkerung (30,8%) unterernährt ist. Neben dem Klimawandel und Konflikten wird der Anstieg durch Konjunkturabschwächungen und -rückgänge verursacht, sagt die UN. In Asien hungert fast jeder Achte (11,3%), während in Lateinamerika und der Karibik 6,5% der Bevölkerung betroffen sind.

Der diesjährige Bericht hebt hervor, dass der Hunger vor allem in Ländern auf dem Vormarsch ist, in denen die Wirtschaft nicht wächst, gerade in Ländern mit mittlerem Einkommen und jenen, die stark auf den internationalen Handel mit Agrarrohstoffen angewiesen sind. In vielen von Hunger betroffenen Ländern vergrößert sich die Kluft zwischen Arm und Reich beim Einkommen immer mehr – arme, schutzbedürftige oder marginalisierte Menschen leiden am meisten. Frauen haben ein höheres Risiko, unter Ernährungsunsicherheit zu leiden als Männer, vor allem in Lateinamerika. Die Chefs der UN-Organisationen verweisen im Vorwort auf die Notwendigkeit, in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs klug zu investieren und einen Strukturwandel einzuleiten, der die Armen berücksichtigt, um in turbulenten Zeiten gewappnet zu sein. Die Menschenrechtsorganisation FIAN lobt zwar, dass der Bericht die wachsende Schere zwischen Arm und Reich, Austeritätsprogramme und mangelnde soziale Sicherheit als zentrale Ursachen des Hungers nennt. Sie kritisierte jedoch auch, dass dies „in den altbekannten Forderungen nach einer stärkeren Rolle von Privatsektor und Industrie durch erhöhte Investitionen und Finanzierungen“ ende. Keiner fordere im Bericht ein stärkeres Engagement für die Menschenrechte.

Die FAO führt mit dem diesjährigen Bericht einen neuen Indikator für „moderate Ernährungsunsicherheit“ ein, der auf konkreten Haushaltsbefragungen beruht. Demnach leiden über zwei Milliarden Menschen an Ernährungsunsicherheit und müssen regelmäßig Mahlzeiten auslassen. Dazu gehören auch 8% der Bevölkerung in den Industriestaaten Europas und Nordamerikas. „Es ist einer der größten Skandale unserer Zeit, dass trotz ausreichend vorhandener Nahrung so viele Menschen hungern und an den Folgen von Hunger sterben“, kritisiert FIAN-Agrarreferent Roman Herre. Somit wird das Recht auf Nahrung von fast einem Viertel der Weltbevölkerung verletzt. Doch der Bericht enthält noch weitere schlechte Nachrichten. Weltweit sind immer noch 148,9 Millionen Kinder unter fünf Jahren (21,9%) aufgrund chronischer Unterernährung zu klein für ihr Alter (stunted). Dazu kommen 49,5 Millionen Kinder unter fünf (7,3%), die aufgrund von Mangelernährung zu wenig für ihre Größe wiegen (wasting). Auf Afrika und Asien entfällt der Großteil aller Formen der Mangelernährung. Übergewicht und Fettleibigkeit nehmen zudem in allen Regionen zu, gerade bei Schulkindern und Erwachsenen. Waren 2012 noch 11,7% aller Erwachsenen fettleibig, so betrug der Anteil 2016 bereits 13,2%. 672 Millionen Erwachsene gelten als fettleibig. Darüber hinaus sind 338 Millionen Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter übergewichtig. Der Bericht fordert eine tiefgreifende Umgestaltung der Lebensmittelsysteme, um zu ermöglichen, dass sich die wachsende Weltbevölkerung nachhaltig und gesund ernährt. (ab)

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