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01.04.2019 |

Protest gegen Patente auf Gurken und Gänseblümchen

Patente
Keine Patente auf herkömmliche Züchtung (Foto: Falk Heller/argum)

Trotz des Verbots von Patenten auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlicher Züchtung erteilt das Europäische Patentamt (EPA) diese munter weiter, wie ein neuer Bericht des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut!“ zeigt. Das haben zahlreiche Menschen und VertreterInnen von Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Entwicklungshilfe, Lebensmittelherstellung und Umweltschutz ordentlich satt. Sie protestierten am 27. März vor dem EPA in München. Mit einer drei Meter großen Melone und bunten Plakaten mit Aufschriften wie „Hände weg von unserem Saatgut!“, „Keine Patente auf Melonen und Co“ oder „Natur ist nicht patentierbar“ machten sie ihrem Ärger Luft. Zudem hofften sie, die Aufmerksamkeit des gerade tagenden Verwaltungsrates zu erhaschen, in dem die Vertreter der EPA-Vertragsstaaten sitzen und die eigentlich dafür Sorge tragen sollten, dass die Verbote eingehalten werden. Zum Protest hatten rund 30 Organisationen aufgerufen.

Der im Vorfeld veröffentlichte Bericht zeigt das Ausmaß der vom EPA auch 2018 und Anfang 2019 erteilten Patente auf Pflanzen aus herkömmlicher, konventioneller Züchtung. Obwohl die europäischen Gesetze deren Patentierung untersagen, erteilte das EPA im Jahr 2018 rund ein Dutzend Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen. Dazu gehören Melonen, Tomaten, Zwiebeln, Salat, Petersilie, Gurken und gar Gänseblümchen, die ohne Einsatz von Gentechnik gezüchtet wurden. Einsprüche gegen Patente auf Braugerste wurden sogar zurückgewiesen. Die patentierten Eigenschaften sind u.a. Resistenz gegen Mehltau, Anpassung an den Klimawandel und verbesserte Lagerungsfähigkeit. Derzeit steigt die Zahl der Patentanträge auf Pflanzen und Tiere in Europa stetig, warnt der Bericht. Über 3500 Patente auf Pflanzen wurden in der Vergangenheit bereits erteilt – die meisten davon im Bereich Gentechnik. In den letzten 10 bis 15 Jahren gibt es zudem eine stetig steigende Anzahl von Patentanträgen auf Pflanzen, die aus konventioneller Züchtung stammen und nicht gentechnisch verändert sind. Mehr als 1600 dieser Anträge sind bereits eingereicht und rund 220 dieser Patente wurden bereits erteilt. 2018 gingen rund 60 neue Patentanträge auf konventionelle Züchtung ein – mindestens ein Drittel davon von Saatgutriesen wie Bayer (Monsanto), Syngenta und DowDuPont.

„Oft basieren diese Patente nur auf Grundlage trivialer technischer Entwicklungen und sind nichts anderes als ein rechtlicher Trick, um die Grundlagen unserer Ernährung in das „geistige Eigentum“ einiger großer Konzerne zu verwandeln“, heißt es im Bericht. „Jedes einzelne dieser Patente kann dutzende oder auch hunderte von Pflanzensorten betreffen. Je nach Geschäftsinteressen der Patentinhaber können Lizenzen kassiert oder der Zugang zu Züchtungsmaterial blockiert werden.“ Als Beispiel für die Praxis des EPA nennen die Autoren ein Patent auf Melonen der Firmen Enza Zaden und Keygene. Es geht es um Resistenz gegen Mehltau. Entsprechende Gene wurden in natürlichen Populationen einer anderen Pflanzenart gefunden und per Gentechnik auf die Melonenpflanzen übertragen. Das Patent beansprucht aber alle Pflanzen, die jene Gene aufweisen, auch wenn sie der konventionellen Züchtung entspringen. Ein anderes Patent hält die Firma Rijk Zwaan auf Salat: Es beansprucht Salatsamen, Pflanzen, die auch bei erhöhten Temperaturen angebaut werden können, sowie deren Ernte. Diese Eigenschaft, die sich auch bei wildwachsenden Salatarten findet, soll die Anpassung an den Klimawandel erleichtern. Obwohl das Saatgut aus herkömmlicher Züchtung stammt, sind laut Patent alle Salatsamen, Salatpflanzen und deren Nachkommen betroffen, die mit hohen Temperaturen klarkommen. Im Patent werde der Eindruck erweckt, die Merkmale könnten auch mit Gentechnik erzielt werden, um so eine technische, patentierbare Leistung vorzutäuschen.

Im Juni 2017 hatte der Verwaltungsrat nach öffentlichen Protesten und Druck der EU beschlossen, dass Patente auf Pflanzen und Tiere aus herkömmlichen Züchtungsverfahren verboten sind. Im Dezember 2018 entschied eine Beschwerdekammer des EPA jedoch, dass der Beschluss rechtlich unwirksam sei. Somit drohen derartige Patente in noch größerem Umfang. „Das EPA ist in seinem gesamten Aufbau so angelegt, die Interessen der Industrie und Patentanwälte zu bedienen. Die Anliegen der Allgemeinheit werden konsequent ignoriert. Mit immer neuen juristischen Winkelzügen wird versucht, Beschlüsse der Politik und die gesetzlichen Verbote ins Leere laufen zu lassen“, sagte Richard Mergner, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz. „Sollte es dem Verwaltungsrat nicht gelingen, die geltenden Verbote endlich rechtlich wirksam zu machen, muss der Text der Gesetze selbst so geändert werden, dass kein Spielraum mehr bleibt für diese fragwürdigen Auslegungen. Die herkömmliche Züchtung von Pflanzen und Tieren muss frei von Patentansprüchen bleiben.“ (ab)

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