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17.01.2019 |

BÖLW fordert Umsteuern in der Agrar- und Ernährungspolitik

Gemüse
Welche Landwirtschaft fördern wir? (Foto: CC0)

Ist die deutsche Landwirtschafts- und Ernährungspolitik darauf ausgerichtet, Tiere, Umwelt und Klima zu schützen und künftigen Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen? Dieser Frage ging der Bioverband „Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft“ (BÖLW) nach. „Das Ergebnis unseres Politik-Checks ist eindeutig: Bei der Agrar- und Ernährungspolitik der Bundesregierung ist viel Luft nach oben“, lautet das Fazit des BÖLW-Vorsitzenden Felix Löwenstein. „Denn auch wenn Julia Klöckner und ihre Kollegen erkannt haben, dass sich was verändern muss, ziehen sie daraus bisher kaum echte Konsequenzen.“ Mit Blick auf die Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) wirft der Verband der Bundesregierung vor, nicht ausreichend aktiv zu werden. „Dürrejahr, Höfesterben, Überdüngung und Artenschwund zeigen, dass Politik in der Landwirtschaft wirksam umsteuern muss“, sagte BÖLW-Vorstand für Landwirtschaft Alexander Gerber. Die Themen würden zwar benannt, aber ambitionierte Reformen lasse die Bundesregierung vermissen – „trotz ihrer Ziele im Koalitionsvertrag, obwohl die Wissenschaft den Umbau anmahnt und die Bürger sich dringend eine nachhaltige Landwirtschaft wünschen.“

Die Bilanz zur Ernährungspolitik fällt ebenso dürftig aus. Ernährungsbedingte Gesundheitskosten von 300 Millionen Euro am Tag seien ein klarer Arbeitsauftrag an die Politik – und das im Koalitionsvertrag festgehaltene Ziel, einen ‚gesunderhaltenden und nachhaltigen Lebensstil fördern‘ zu wollen daher richtig, räumt Volker Krause, BÖLW-Vorstand für Verarbeitung, ein. „Was Ernährungsministerin Klöckner dafür tut, genügt allerdings nicht. Denn anstatt eine umfassende Ernährungsstrategie mit entsprechenden Maßnahmen und Finanzierung aufzusetzen, bleibt es bisher bei einzelnen, zumeist ‘technischen’ Nischenlösungen mit einer dünnen finanziellen Ausstattung“, erklärte Krause. Zucker in Fertigprodukten etwa durch ‚neuartige Zucker‘ auszutauschen, werde die Probleme nicht lösen. Vor allem in der öffentlichen Verpflegung in den eigenen Einrichtungen wie Kantinen, Schulen, Kitas oder Krankenhäusern müssten mehr gesunde Bio-Lebensmittel eingesetzt werden.

Und auch das Ergebnis des Politik-Checks zur Tierhaltung und Kennzeichnung fällt durchwachsen aus: „86 % der Menschen wollen wissen, wie die Tiere gehalten, deren Fleisch sie essen, sagt der aktuelle Ernährungsreport von Bundesministerin Klöckner“, erinnert Elke Röder, BÖLW-Vorstand für Handel. „Die Bürger kennen die Eierkennzeichnung und vertrauen dem Bio-Siegel als wichtigstes Kennzeichen für gute Lebensmittel.“ Ministerin Klöckner plane mit dem nicht verpflichtenden ‚Tierwohllabel‘ dennoch einen Sonderweg, der mehr Verwirrung als Klarheit für die Kunden und sehr wenig für die Tiere bringe. Bliebe es etwa bei den Punkten, die hinsichtlich Schlachtung oder Transport als Verbesserung im ‚Tierwohllabel‘ genannt werden, würden lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen konkretisiert. „Ein staatliches ‚Tierwohllabel‘ sollte aber keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten betreiben“, fordert Röder.

Auch mit dem Einsatz der Regierung für den Ökolandbau ist der BÖLW nicht zufrieden. „Die jetzige Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, den Flächenanteil der ökologischen Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 auf 20% zu erhöhen. Das ist ehrgeizig und gut. Allerdings genügt es nicht, was die Politik bisher tut“, sagte Löwenstein diese Woche im Interview mit dem Tagesspiegel. „Das Landwirtschaftsministerium hat sich noch immer nicht klar zu den Reformvorschlägen aus Brüssel zur Agrarförderung geäußert, und die sind jetzt neun Monate alt. Langsam werden wir ungeduldig. Denn die Zeit rennt uns und unseren Kindern und Enkeln davon, für die wir unbedingt eine zukunftsfähige Landwirtschaft brauchen.“ Der Verband fordert daher, das 20%-Ziel durch konkrete Maßnahmen umzusetzen, denn der Flächenanteil des Ökolandbaus liege erst bei 8%. Dazu müsse die „Zukunftsstrategie Öko-Landbau“ umgesetzt und mit den notwendigen Mitteln ausgestattet werden. Die GAP müsse darauf ausgerichtet werden, dass jene Bauern honoriert werden, die Umwelt, Klima und Tiere schützen. Und: „Wer heute 20% Bio anstrebt, muss auch ausreichend in Forschung investieren, um das Innovationspotential von Bio voll zu heben“, mahnte der BÖLW. Denn aktuell werden nur etwa 1,5 % der Agrarforschungsmittel für Bio-Themen investiert. (ab)

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