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30.05.2018 |

EU-Agrarsubventionen 2017 - wohin die 6,5 Milliarden Euro in Deutschland flossen

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Molkereikonzerne erhielten auch 2017 hohe Direktzahlungen von der EU (Foto: CC0)

Behörden, öffentliche Institutionen und große Erzeugergemeinschaften haben 2017 in Deutschland die höchsten Gesamtsummen aus EU-Agrarfördertöpfen erhalten – doch bei den Direktzahlungen profitieren weiterhin vor allem Großbetriebe und Konzerne. Das ergibt eine von Spiegel und NDR Niedersachsen durchgeführte Auswertung der Agrarzahlungen 2017, die am 23. Mai von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in einer Datenbank veröffentlicht wurden. Die Auswertung, illustriert mit zahlreichen Grafiken und vier Karten, bildet eindrücklich die ungleiche Struktur der Landwirtschaft in Deutschland ab – hohe Einzelzahlungen flossen in durch Großbetriebe geprägte Landkreise im Osten und Norden, während in Bayern und Teilen Baden-Württembergs weniger Top-Empfänger zu finden sind: Dort gibt es noch viele kleinere Betriebe, bei denen aufgrund der kleineren Flächen auch die Auszahlungssummen geringer ausfallen.

Die Agrarausgaben machen im EU-Budget momentan jährlich etwa 58 Milliarden Euro aus. Rund 6,5 Milliarden flossen 2017 der BLE zufolge an 329.000 Begünstigte in Deutschland: Die Zahlungen umfassen sowohl den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL), die sogenannte 1. Säule, mit der die Direktzahlungen an Landwirte finanziert werden, als auch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), der unter anderem Gelder für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen vorsieht. Laut Landwirtschaftsministerium stehen Deutschland für die 1. Säule von 2014 bis 2020 jährlich rund 4,85 Milliarden Euro und für die 2. Säule 1,35 Milliarden zur Verfügung. Addiert man die Zahlungen aus beiden Töpfen, so erhielten die 15 Top-Empfänger 2017 zusammen 86 Millionen Euro. Neun dieser Empfänger befinden sich in öffentlicher Hand, darunter Ministerien, Umweltämter und eine Naturschutzstiftung, die vor allem Gelder für Hochwasser- und Küstenschutz, ländliche Entwicklung und Naturschutz bekamen.

Ein anderes Bild ergibt der Blick allein auf die Direktzahlungen: Hier profitieren vor allem Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse und große Betriebe. Auf Platz fünf steht die schwedisch-dänische Molkerei Arla Foods, die 3,09 Millionen Euro für Interventionsmaßnahmen erhielt, mit denen die EU den Milchmarkt stabilisieren will. In der Top-20 vertreten sind auch der niederländische Molkereikonzern Friesland-Campina, der 1,6 Millionen Förderung für das Schulmilchprogramm erhielt, und die Südzucker AG, einer der größten Nahrungsmittelkonzerne Deutschland mit einem Jahresumsatz von 7 Milliarden. Südzucker bekam 2017 ebenfalls rund 1,6 Millionen Euro an Direktzahlungen, dazu kommen 298.135 Euro aus dem ELER-Topf. Der Spiegel berichtete, das Unternehmen habe auf Anfrage mitgeteilt, die Direktzahlungen für die Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen im Umfeld der eigenen Zuckerfabriken empfangen zu haben. An den Molkerei-Riesen Deutsches Milchkontor (DMK), der 2016 noch stolze 21,64 Millionen durch Interventionskäufe zur Stabilisierung des Milchmarktes und Beihilfen für die private Lagerhaltung erhielt, wurden 2017 nur noch 344.215 Euro für die private Lagerhaltung ausgezahlt.

Neben einer Karte, die die ausbezahlte Basisprämie je Quadratkilometer Landkreisfläche darstellt und deren tiefgrüne Einfärbung zeigt, welche Teile Deutschlands besonders intensiv landwirtschaftlich genutzt werden, hat der Spiegel auch grafisch aufbereitet, wie viele Empfänger von Direktzahlungen es in den jeweiligen Landkreisen im Verhältnis zur landwirtschaftlichen Fläche gibt. Die hellen Flecken im Osten der Republik zeigen, dass hier nur wenige Betriebe besonders große Flächen besitzen und sich die Zahlungen demnach auf nur wenige Begünstigte verteilen. „Der Hauptgrund für diese Struktur ist ein Erbe aus DDR-Zeiten“, schreibt das Blatt, da die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossen-schaften riesige Gebiete bewirtschafteten. „Nach der Wende entstanden daraus viele Großbetriebe, die in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Fällen von landwirtschaftsfernen Investoren übernommen wurden.“ So flossen 2017 rund 1,49 Millionen an die Landwirtschaft Golzow Betriebs-GmbH, die aus einer LPG hervorging und nun einem Großinvestor aus Niedersachsen gehört.

In Bayern und Teilen Baden-Württembergs ist bei den Direktzahlungen genau das Gegenteil der Fall: In diesen Regionen dominieren kleinbäuerliche Betriebe, darunter viele Nebenerwerbsbetriebe, die nur wenig Flächen haben. Daher gibt es zahlreiche Empfänger pro Landkreis, die jedoch kleinere Beträge erhalten – auf der Spiegel-Karte dunkelgrün markiert. Aktuell wird über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU für die Zeit nach 2020 debattiert. EU-Agrarkommissar Phil Hogan will am 1. Juni die Pläne vorstellen. Medien berichtete, dass der Entwurf der EU-Kommission vorsieht, eine Kappung der Flächenprämien bei 60.000 Euro pro Betrieb und Jahr einzuführen. (ab)

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