News

05.02.2018 |

Forscher fordern mehr Schutz für wilde Bestäuber statt Honigbienen

Biene
Ob Honig- oder Wildbienen: Sie sind wichtige Bestäuber (Foto: CC0)

Bienen sind beliebt: Das Sterben der fleißigen Bestäuber löst Besorgnis aus und prägt die Berichterstattung. Mit bienenfreundlichen Saatgutmischungen und Bienenpatenschaften leisten viele Bienenfreunde selbst einen Beitrag zur Verbesserung der Bedingungen. Doch Forscher der Universität Cambridge argumentieren nun im Fachjournal Science, das Sterben ganzer Bienenvölker sei – anders als in der Öffentlichkeit wahrgenommen – in erster Linie ein Problem für die Agrarproduktion und nicht für den Biodiversitätsschutz. Das Sterben ganzer Bienenvölker in der professionellen Bienenzucht und das Problem der schwindenden biologischen Vielfalt und der dramatische Rückgang tausender wilder Bestäuber seien zwei Paar Stiefel. Die Wissenschaftler gehen gar noch weiter mit ihrer kontroversen These: Die wie andere Nutztiere gehaltenen Bienenvölker könnten zudem selbst zum starken Rückgang der Bestände wilder Bestäuber in Europa beitragen, da sie ihren wilden Verwandten Nahrung streitig machen und Krankheiten verbreiten könnten. Gutgemeinte Schutzinitiativen zur Bienenhaltung in Städten oder schlimmer noch in Schutzgebieten fernab der Landwirtschaft würde das Schwinden wilder Bestäuber noch verstärken.

„Die weltweite Krise des Rückgangs bei Bestäubern ist vor allem mit einer Art in Verbindung gebracht worden, der Westlichen Honigbiene. Doch diese ist eine der wenigen Bestäuberarten, die kontinuierlich durch Zucht und Landwirtschaft wiederaufgestockt wird“, sagte Co-Autor Dr. Jonas Geldmann vom Department of Zoology der Universität Cambridge. „Der Schutz der Honigbiene hilft der Tierwelt nicht. Bei der Westlichen Honigbiene handelt es sich um eine kommerziell gehaltene Tierart, die in der Tat sogar negative Auswirkungen auf ihre unmittelbare Umgebung haben kann aufgrund der massiven Zahl, in der sie eingeführt wird.“ Das Schwinden der Bestände wilder Bestäuber, wie Nachtfalter oder Schwebfliege, schreitet Geldmann zufolge alarmierend schnell voran. Aktuell sind 50% aller europäischen Bienenarten vom Aussterben bedroht. Doch die Haltung von Honigbienen sei trotz ihrer wichtigen Funktion für die Bestäubung problematisch, da viele wichtige Nutzpflanzen wie Obst und Raps nur wenige Tage oder Wochen blühen, während Honigbienen je nach Region neun bis zwölf Monate aktiv seien und sich bis zu 10 Kilometer von ihren Stöcken entfernen würden. Das führe zu einer massiven „Verbreitung“ von gehaltenen Bienen in der Landschaft und könnte so wilde Bestäuber verdrängen. Die Haltung von Honigbienen entferne Pollen und Nektar aus der Umwelt – eine natürliche Ressource, die von vielen wilden Bienenarten und anderen Bestäubern benötigt wird, sagt Mitautor González-Varo.

Die Forscher betonen, dass die Aufmerksamkeit für die Honigbiene dabei helfe, das Bewusstsein für den Artenschwund zu schärfen, doch Maßnahmen müssten auch auf andere bedrohte Arten ausgerichtet werden. „Im letzten Jahrzehnt hat die Forschung zum Bienensterben und die Gefahren für die auf Bestäubung angewiesenen Pflanzen explosionsartig zugenommen. Doch es wurde wenig geforscht, um den Rückgang bei den wilden heimischen Bestäubern zu verstehen“, beklagt Geldmann. Der britische Bienenzüchterverband kritisierte die Studie. Martin Smith von der „British Beekeepers Association” sagte dem Blatt Daily Mail: „Ich halte es nicht für hilfreich, einen einzigen Bestäuber herauszupicken und ihn für den allgemeinen Rückgang der Bienenbestände verantwortlich zu machen.“ In Großbritannien habe es etwa in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg mehr als dreimal so viele Honigbienenvölker gegeben wie noch heute. Die Hauptursache, die zum Bestandsrückgang bei Bienen und anderen Bestäubern geführt habe, sei der Verlust ihres Lebensraums und nicht der Wettbewerb um Nahrung zwischen Honigbienen und wilden Bienen. „Ein Weg, um dieses Problem zu lösen, ist die Ausweitung der Lebensräume mit Pflanzen und Blumen, die Nahrung für alle Bienen bieten - zum Wohle von wilden und gehaltenen Bienen“, so Smith. (ab)

Back to news list

Donors

Donors of globalagriculture Bread for all biovision Bread for the World Misereor Heidehof Stiftung Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Rapunzel
English versionDeutsche VersionDeutsche Version