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19.09.2017 |

Artenvielfalt ade in Deutschland: Regenwürmer und Kuckucke schwinden

Wurm
65% der Regenwurmarten in Deutschland gelten als selten bis extrem selten (Foto: CC0)

In Deutschland ist es um die Artenvielfalt schlecht bestellt, besonders in der Agrarlandschaft: Regenwürmer, Feldhamster und Feldhasen werden immer seltener und der Klimawandel wird weitere Veränderungen von Ökosystemen, Biotopen, Tier- und Pflanzenpopulationen verursachen. Das bestätigt die Bundesregierung in ihren Antworten auf zwei kleine Anfragen der Grünen. „Der noch vor wenigen Jahrzehnten in vielen Teilen Deutschlands als Schädling verfolgte Feldhamster hat sehr starke Bestandseinbrüche zu verzeichnen und wird daher bundesweit in der Roten Liste der Säugetiere als ‚vom Aussterben bedroht’ eingestuft“, so die Bundesregierung.

Aber auch die in Deutschland beheimateten 47 Regenwurmarten drohen zu schwinden. Von den 43 nach Rote-Liste-Kriterien bewerteten Regenwurmarten gelten mittlerweile 65% als selten, davon 32,6% gar als extrem selten“. Bei 9,3% der Regenwurmbestände gab es zuletzt eine Abnahme, während für 34,9% der Regenwurmarten aufgrund der unzureichenden Datenlage eine Aussage nicht möglich ist. „Je intensiver die Landnutzung desto geringer sind Artenzahl und Häufigkeit der Regenwürmer“, schreibt die Bundesregierung. „Auf Ackerflächen wirken sich konventioneller Pflugeinsatz, Bodenverdichtung durch Einsatz schwerer Maschinen, Schwarzbrache, verminderte Zufuhr organischer Substanz und Schadstoffeinträge negativ auf Regenwurmpopulationen aus.“ Eine nachweislich positive Entwicklung der Regenwurmpopulationen hingegen erzielten bodenschonende Bewirtschaftungsformen, wie eine konservierende Bodenbearbeitung oder der ökologische Landbau.

Doch der „überwiegend ungünstige Zustand der biologischen Vielfalt“ in Deutschland droht sich durch den Klimawandel weiter zu verschlechtern. Er wird die Ökosysteme in Deutschland in den nächsten Jahren rapide verändern. Ein besonders hohes Gefährdungsrisiko bestehe für Feuchtlebensräume (Feuchtwiesen, Feuchtwälder und Moore) und Kleingewässer (Tümpel, Quellen). Durch die Erwärmung und die Verlagerung des Niederschlagsmaximums in den Winter drohen solche Habitate auszutrocknen. Bei den Tieren sind nach Angaben der Bundesregierung Vertreter aus der Gruppe der Schmetterlinge (Tag- und Nachtfalter) besonders vom Klimawandel betroffen sind, gefolgt von Weichtieren und Käfern. Das Antwortschreiben nennt als Beispiele für bereits auftretende Veränderungen infolge des Klimawandels Verschiebungen jahreszeitlicher Entwicklungen, Verhaltensänderungen, Änderungen bei der Fortpflanzung und der Konkurrenzfähigkeit und veränderte Nahrungsbeziehungen. „Für viele der in Deutschland vorkommenden Arten werden sich die klimatisch geeigneten Lebensräume nach Norden und Osten, in höhere Lagen der Gebirge oder entlang von Feuchtegradienten verschieben.“ Der Temperaturanstieg werde sich vor allem auf eine Reihe von kälteliebenden Arten auswirken, bei den Vögeln zum Beispiel der Kuckuck oder der Bergpieper, bei denen bereits ein Rückzug in höhergelegene und kühlere Regionen beobachtet werde.

Doch diese Flucht vieler Arten in nördliche oder höherliegende Gefilde ist in Deutschland aufgrund der stark fragmentierten Natur nicht möglich – der Verlust dieser Arten somit unumgänglich, warnt Steffi Lemke, Sprecherin für Naturschutzpolitik der grünen Bundestagsfraktion, die gemeinsam mit anderen Abgeordneten die Anfrage gestellt hatte. Schuld daran sei zum großen Teil auch die verfehlte Naturschutzpolitik der Bundesregierung. „Diese war im Zuge der eigenen Biodiversitätsstrategie dazu verpflichtet das sogenannte Biotopverbundsnetzwerk auf 10% der Fläche bis zum Jahr 2010 umzusetzen. Doch nichts ist passiert“, beklagt Lemke. Der Biotopverbund soll die Erschließung neuer Lebensräume ermöglichen und das Fortbestehen bedrohter Arten in Zeiten der Klimakrise sichern, indem er verschiedene Lebensräume in Deutschland miteinander verknüpft. Doch Lemke bemängelt, dass bei der Verabschiedung des Bundesnaturschutzgesetzes im Juni auf Drängen der Unions-Fraktion sogar eine Zeitvorgabe für dieses Ziel gestrichen worden sei. „Damit unsere Kinder den Kuckuck nicht nur aus dem Musik-Unterricht kennen, muss die Bundesregierung den Klimaschutz endlich angehen und Tieren die Erschließung neuer Lebensräume ermöglichen“, fordert sie. (ab)

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