News

27.02.2017 |

Berlin könnte sich regional ernähren: Änderung von Anbau und Konsum nötig

Acker
2000m²-Acker in Berlin: Könnte ausreichen, tut es aktuell aber nicht (Foto: Volker Gehrmann)

Kann sich eine Großstadt wie Berlin mit Lebensmitteln aus der Region selbst versorgen? Ja – wenn die Verschwendung von Lebensmitteln eingedämmt würde, statt Futter- und Energiepflanzen mehr Lebensmittel angebaut würden und die Stadtbewohner ihre Ernährung auf weniger ressourcenintensive Produkte umstellen würden. Das ist das Ergebnis einer Studie von Agrarwissenschaftlern der Uni Halle-Wittenberg, die in der neusten Ausgabe der Ernährungsumschau erschienen ist. Die Forscher berechneten dafür die Flächenbilanz des Verbrauchs der Berlinerinnen und Berliner basierend auf Daten der Nationalen Verzehrsstudie und ermittelten anhand von Agrarstatistiken, was auf Brandenburgs Äckern und Wiesen wächst und was importiert und exportiert wird.

Jeder Berliner benötigt demnach für seine Ernährung fast 2.400 Quadratmeter Land. Davon liegen 72% in Deutschland, 7% in anderen EU-Staaten und 21% außerhalb der EU. Diese Flächen, die andernorts für die Ernährung der Hauptstadt belegt werden, sei es für Kaffee oder Mangos, gleicht die Region Berlin-Brandenburg derzeit jedoch nicht durch Exporte aus. „Angesichts knapper werdender Ressourcen stellt das unsere aktuellen Konsummuster in Frage“, gibt die Hauptautorin der Studie, Susanna Hönle, zu bedenken. Ein weiteres Problem stellt die Lebensmittelverschwendung dar: „Von den fast 2.400 Quadratmetern, die jede Person in Berlin durchschnittlich über den Globus verteilt für ihre Versorgung beansprucht, wird nur der Output von weniger als zwei Dritteln tatsächlich verzehrt“, erläutert Ko-Autor Dr. Toni Meier vom Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften. Allein 202 m² werden für die Produktion von Lebensmitteln verschwendet, die gar nicht erst in Berliner Supermärkte gelangen oder die später in der Tonne landen. Um die 3,46 Millionen Berliner zu versorgen, sind aktuell 821.433 Hektar Ackerland nötig. Ohne Lebensmittelverluste bei der Verteilung und in Haushalten könnte diese Fläche allein schon auf 518.435 Hektar reduziert werden.

Ein weiterer Grund, warum die Region sich rein rechnerisch noch nicht selbst versorgen kann, ist der enorme Flächenbedarf tierischer Produkte mit 62% der rund 2.400 m². Etwa 850 m² der Fläche, die ein Berliner für seine Ernährung verbraucht, werden für die Produktion von Fleisch benötigt. Weitere 630 m² entfallen auf Milchprodukte. Pflanzliche Produkte machen nur 523 m² oder 22% der Fläche aus, während Genussmittel wie Tee, Kaffee, Zucker und Alkohol 16% oder 371 m² der Fläche belegen. Damit eine weitgehend regionale Selbstversorgung für Berlin möglich wäre, müssten in Brandenburg mehr Lebensmittel für die Ernährung der Menschen erzeugt werden. Bisher bauen viele Landwirte wenige Kulturen, wie Mais, Raps und Weizen, an, die oft als Futtermittel oder zur Energiegewinnung dienen. Dagegen werden andere Kulturarten, vor allem Obst, Nüsse, Gemüse und Hülsenfrüchte, in Brandenburg eher selten angebaut, sodass hier der Berliner Bedarf bei weitem nicht aus der Region gedeckt wird. Würde weniger verschwendet, weniger Fleisch gegessen, aber dafür mehr regionale und saisonale Produkte konsumiert und mehr Lebensmittel auf Brandenburgs Äckern angebaut, könnte sich Berlin weitgehend mit regionalen Lebensmitteln versorgen. Und komplett auf Kakao und Avocados verzichten müsste dabei auch niemand, schreiben die Autoren. (ab)

Back to news list

Donors

Donors of globalagriculture Bread for all biovision Bread for the World Misereor Heidehof Stiftung Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Rapunzel
English versionDeutsche VersionDeutsche Version