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01.06.2015 |

Welternährung: Studie fordert Umsetzung der Empfehlungen des Weltagrarberichts

Hong
Bäuerin in China (Foto: HongMeenChee/flickr.com)

Die Beseitigung des Welthungers bis 2030 ist kein Ding der Unmöglichkeit, wenn die Ernten vorrangig zur Ernährung der Menschen eingesetzt werden und die Empfehlungen des Weltagrarberichts endlich Gehör finden. Zu diesem Ergebnis gelangt eine neue Studie der Kammer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für nachhaltige Entwicklung. Laut aktuellen Zahlen der Welternährungsorganisation FAO leiden noch immer 795 Millionen Menschen an chronischer Unterernährung, zwei Milliarden Menschen sind mangelernährt. Die Studie weist darauf hin, dass die globale Landwirtschaft schon heute mehr als zwölf Milliarden Menschen satt machen könnte, wenn die Ernten möglichst effektiv als Lebensmittel genutzt würden. „Wenn in der Realität Menschen hungern, liegt dies an dem ungleichen Zugang zu den vorhandenen Nahrungsmitteln, der Vergeudung, dem Verlust und der Verwendung der Nahrungsmittel für andere Zwecke als für die menschliche Ernährung. Vor allem aber fehlt vielen Armen ein ausreichendes Einkommen, d. h. der ökonomische Zugang zu ausreichenden Nahrungsmitteln oder zu den Möglichkeiten, sie zu erzeugen“, schreiben die Autoren. Es stelle keine Lösung dar, auf eine einseitige Ertragssteigerung mithilfe von Pestiziden, chemischen Düngern und Monokulturen zu setzen, die zulasten der Böden, des Wassers und Klimas sowie der biologischen Vielfalt gehe. Der Raubbau an den natürlichen Ressourcen treffe meist die Bevölkerungsgruppen, die ohnehin am stärksten von Hunger und Mangelernährung betroffen seien – die Millionen Kleinbauern, Landarbeiter, Hirten und Fischer in den Entwicklungsländern. Der Studie zufolge müssen diese Gruppen mehr Unterstützung erhalten, zum Beispiel durch bessere Lagermöglichkeiten für die Ernte oder leichteren Zugang zu Krediten. Dann könnten sie nicht nur sich selbst besser versorgen, sondern auch lokale und regionale Märkte beliefern. Diese Erkenntnisse sind nicht neu, betonen die Autoren: Schon 2008 habe der Weltagrarbericht gewarnt, dass mit der einseitigen Ausrichtung auf Produktionssteigerung, Weltmarktorientierung und Industrialisierung der Landwirtschaft die Überwindung des Hungers mit dem Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt nicht in Einklang zu bringen sei. Doch der Ruf nach einem Paradigmenwechsel hin zu agrarökologischen Produktionsverfahren mit möglichst niedrigem externen Input, die Fokussierung auf kleinbäuerliche Produzenten und die Anerkennung der Multifunktionalität der Landwirtschaft sei in der deutschen und internationalen Agrarpolitik weitgehend ungehört verhallt. Daher fordert die EKD-Kammer die längst überfällige Neuausrichtung der Entwicklungs- und Agrarpolitik am Recht auf Nahrung, die nicht länger durch ungerechte Strukturen im Bereich der Handels- und Finanzpolitik blockiert werden dürfe. (ab)

28.05.2015 |

UN-Ziel verfehlt: 795 Millionen Menschen weltweit leiden Hunger

ILO
Reisbauern in Asien (Foto: ILO/Joaquin Bobot Go)

Rund 795 Millionen Menschen leiden weltweit immer noch an Hunger, 780 Millionen davon in Entwicklungsländern. Damit gilt jeder Neunte als unterernährt, wie aus dem jüngsten Welthungerbericht hervorgeht, den die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO am Mittwoch gemeinsam mit dem UN-Welternährungsprogramm und dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) veröffentlichte. Erfolge bei der Hungerbekämpfung sind regional höchst ungleich verteilt: Während in Lateinamerika „nur“ noch 5,5% der Bevölkerung und in Westafrika 9,6% betroffen sind, ist in Subsahara-Afrika fast jeder Vierte chronisch unterernährt. Die Zahl der Hungernden stieg dort kontinuierlich auf aktuell 220 Millionen an. Doch der Löwenanteil der weltweit Hungernden (64%) lebt mit 512 Millionen Menschen in Asien. Auch wenn die Zahl der Hungernden im Vergleich zum Bericht 2014 nur um 10 Millionen sank und 57 Staaten das erste Millenniumsentwicklungsziel (MDG) verfehlen werden, ist FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva um Optimismus bemüht: „Das Fast-Erreichen des Hungerziels zeigt, dass wir die Geißel des Hungers tatsächlich in dieser Generation überwinden können.” Erfolgversprechende Ansätze seien inklusives Wachstum, Investitionen in die Landwirtschaft und soziale Sicherungsnetze in Verbindung mit politischer Stabilität und vor allem dem nötigen Willen. Doch die Weltwirtschaftslage der letzten Jahre, extreme Wetterbedingungen, Naturkatastrophen, politische Instabilität und Kriege – 19% der Unterernährten leben laut FAO in Krisenländern – hätten die optimale Zielerfüllung verhindert. Das erste MDG sah vor, bis 2015 in Entwicklungsländern den Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung gegenüber dem Zeitraum 1990-1992 zu halbieren. Dieser sank von 23,3% auf 12,9%, nicht zuletzt begünstigt durch den Anstieg der Weltbevölkerung um 1,9 Milliarden Menschen. Vom ehrgeizigeren Ziel des Welternährungsgipfels 1996, die absolute Zahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren, bleiben die Staaten meilenweit bzw. 285 Millionen Menschen entfernt. Zwar hungern heute 216 Millionen Menschen weniger als noch 1990, doch 155 Millionen des Rückgangs entfallen alleine auf China. Die Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, forderte mit Blick auf den G7-Gipfel im Juni mehr Entschlossenheit und staatliche Mittel: „Setzt sich der Trend der letzten zehn Jahre fort, rückt unser Ziel – eine Welt ohne Hunger bis 2030 – in weite Ferne. Dann wären wir erst nach dem Jahr 2060 so weit.“ Fortschritte lassen sich Dieckmann zufolge erzielen, wenn Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ins Zentrum der Bemühungen gestellt werden: „Kleinbauern produzieren rund drei Viertel aller Nahrungsmittel in Entwicklungsländern. Mit mehr Unterstützung können sie mehr produzieren und mehr Einkommen erwirtschaften und so den Hunger in ihren Ländern besiegen.“ (ab)

26.05.2015 |

Klimawandel: Chancen und Risiken für Landwirtschaft in Deutschland

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Längere Trockenphasen treffen die Landwirte (Reisek/flickr.com)

Höhere Temperaturen, feuchtere Winter und häufigere Wetterextreme stellen Landwirte in Deutschland künftig vor große Herausforderungen. Das geht aus dem am Samstag veröffentlichten Monitoring-Bericht der Bundesregierung zur Anpassung an den Klimawandel hervor. Dieser beleuchtet schon heute spürbare Veränderungen in mehreren Lebensbereichen und nennt geeignete Anpassungsstrategien. Die Möglichkeiten der Bauern, dem Klimawandel zu begegnen, sind den Autoren zufolge vergleichsweise breit gefächert, da sie seit jeher auf sich verändernde Klima- und Witterungsbedingungen reagieren. Die Auswirkungen stellen dennoch ein zweischneidiges Schwert dar: Einerseits können extrem trockene und heiße Witterungsperioden, Starkregen oder Hagel Einbußen bewirken und Ertrags- und Qualitätsschwankungen zwischen den Jahren die Planbarkeit erschweren. Zudem erfordere die Verschiebung der jahreszeitlichen Witterungsverläufe von den Landwirten jedes Jahr aufs Neue die Anpassung an veränderte Bedingungen bei der Wahl von Pflanzenart und -sorte, den Fruchtfolgen sowie bei der Planung von Aussaat, Düngung und Ernte. Andererseits könnten die Erträge bei einem leichten Temperaturanstieg und längeren Vegetationsperioden steigen, wenn ausreichend Wasser vorhanden ist. Auch der Anbau von bisher in unseren Breitengraden selten gedeihenden Fruchtarten könnte ausgeweitet werden. Perspektiven sehen die Experten für wärmeliebende Kulturpflanzen wie Körnermais, Sorghum-Hirse, Sojabohne, Sonnenblume oder Hartweizen. Gerade was Soja angeht habe das Interesse im Süden des Landes in den letzten Jahren stark zugenommen. Ob es zu einem dauerhaft hohen Anbauumfang komme, sei jedoch von der Nachfrage und dem Zuchtfortschritt bei Sojabohnen abhängig. Da Ökolandwirte auf gentechnikfreies Saatgut angewiesen sind, sei zu erwarten, dass mehr Sojasaatgut in Deutschland erzeugt werde. Auch die Wahl der Sorten biete Landwirten die Chance, bei gleichbleibender Fruchtart auf neue Anbaubedingungen zu reagieren. Sie können sich mit Sorten, die besser an längere Trockenphasen angepasst sind und sichere Erträge versprechen, gegen Wetterkapriolen wappnen. Gerade einjährige Kulturen ermöglichen eine kurzfristige Anpassung, während dies bei Dauerkulturen schwieriger sei. Im Fokus des Berichts steht zwar die BRD, doch die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, betonte, dass Bemühungen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels nicht an den deutschen Grenzen Halt machen dürfen: „Entwicklungsländer sind von Wetterextremen und verschlechterten Anbaubedingungen in Folge der Erderwärmung häufig besonders stark und zunehmend betroffen. Deutschland muss diese Länder bei der Anpassung unterstützen.“ (ab)

20.05.2015 |

Studie prangert Machtkonzentration in landwirtschaftlichen Produktionsketten an

Kakao
Kakaobauer einer Kooperative (Foto: SOCODEVI/flickr.com)

Die extreme Machtkonzentration in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten wirkt sich negativ auf Kleinbauern und Landarbeiter am Anfang der Lieferkette aus. Darauf machen die Akteure des Fairen Handels in Deutschland mit einer neuen Studie aufmerksam und fordern von der Bundesregierung anlässlich des G7-Gipfels im Juni die Durchsetzung sozialer Mindeststandards in globalen Lieferketten. Nur eine Handvoll Unternehmen kontrollieren weltweit die Produktion und Vermarktung von Lebensmitteln. Gemäß der Studie dominieren lediglich drei Konzerne die Hälfte der globalen Kakao-Verarbeitung und fünf weitere den Schokoladenmarkt. Sie alle stammen aus G7-Ländern oder der Schweiz. „Die extreme Machtkonzentration verhindert Wettbewerb und damit faire Preise und Bedingungen. Darunter leiden insbesondere Kleinbauernkooperativen, deren Existenzgrundlage von ihren Exporten abhängt“, warnt Dieter Overath von TransFair e.V., eine der Herausgeberorganisationen. Da die Großabnehmer die Handelsbedingungen diktieren können, geben sie den Preis- und Kostendruck entlang der Lieferkette weiter und üben so massiven Druck auf Lieferanten und Produzenten aus, sowohl in Europa als auch im globalen Süden. Dies führe zu unsicheren Lebensgrundlagen, Kinderarbeit, prekären Arbeitsverhältnissen und Umweltzerstörung. Während die Öffentlichkeit nach dem Unglück in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch für elende Arbeitsbedingungen im Textilsektor sensibilisiert sei, blieben unlautere Handelspraktiken in der landwirtschaftlichen Produktionskette oft unbeachtet. MISEREOR-Geschäftsführer Thomas Antkowiak betont jedoch, dass Menschenrechtsverletzungen und unhaltbare Lebens- und Arbeitsbedingungen „genauso auf Zuckerrohrfeldern auf den Philippinen und bei Kakaobauern in Nigeria, Kamerun und der Elfenbeinküste bittere Realität“ seien. Die Studie zeigt etwa, dass der Anteil der Kakaobauern am endgültigen Produktwert massiv gesunken ist, während die Konzerne in den nachgelagerten Stufen durch Produktentwicklung und Marketing den Löwenanteil einstreichen. In vielen Ländern Westafrikas liege das Einkommen von Kakaobauern unter der Armutsgrenze, viele Betriebe in der Elfenbeinküste können nur noch über ausbeuterische Formen von Kinderarbeit fortbestehen. Die Herausgeber, zu denen neben Transfair und MISEREOR das Forum Fairer Handel, GEPA und der Weltladen-Dachverband gehören, sehen daher die Bundesregierung in der Pflicht, sich für die Eindämmung von Marktmacht einzusetzen. Das europäische Wettbewerbsrecht sei dazu nicht in der Lage, da es vielfach gegen Kleinproduzenten arbeite, indem es sich auf Endpreise für den Verbraucher fokussiere, und müsse reformiert werden. „Wenn soziale Mindeststandards kein Lippenbekenntnis bleiben sollen, müssen die G7 Transparenz in Lieferketten sicherstellen und sich für existenzsichernde Einkommen und Löhne einsetzen“, so Overath. Langfristige Verträge, kostendeckende Preise und transparente Handelsbedingungen sollten auch über den Fairen Handel hinaus Verbreitung finden. (ab)

18.05.2015 |

Kongress: Mit biologischer Vielfalt statt Gentechnik gegen den Welthunger

Mais
Mehr Vielfalt statt Einheitsbrei (Foto: Jenny Mealing/flickr.com)

Die Politik muss der Patentierung, Kontrolle und Kommerzialisierung von Saatgut durch wenige große Konzerne Einhalt gebieten und Sorge dafür tragen, dass die biologische Vielfalt für die Landwirtschaft und Ernährung erhalten bleibt. Das fordert der„Konvent zum Menschenrecht auf Nahrung durch die Bewahrung der biologischen Vielfalt“, zu dem sich am Wochenende in Nürnberg internationale Experten trafen. Die rund 200 Teilnehmer verabschiedeten mit der „Nürnberger Erklärung“ einen Appell an politische Entscheidungsträger und die Zivilgesellschaft, sich für die freie Verfügbarkeit von Saatgut einzusetzen, damit das Recht auf Nahrung für alle Menschen verwirklicht werden kann. „Vielfalt ist für die Sicherung nachhaltiger Ernährungssysteme unabdingbar!“, betonte die indische Umweltaktivistin Vandana Shiva zum Auftakt der Veranstaltung. Die Trägerin des Alternativen Nobelpreises hatte bei einem Besuch in Nürnberg 2012 die Veranstaltung angeregt, um Maßnahmen und Lösungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu entwickeln. Seit Jahren warnt Shiva davor, dass die Artenvielfalt unserer Nahrungspflanzen schrumpft und die freie Verfügbarkeit von Saatgut und damit die Ernährungssouveränität durch Patente und Gentechnik bedroht werden. Eine nachhaltige Erzeugung ausreichender und gesunder Nahrungsmittel sei jedoch auf eben diese breite genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren angewiesen. Noch immer haben mehr als 800 Millionen Menschen keinen Zugang zu ausreichender Ernährung. „Das Menschenrecht auf Nahrung ist weltweit noch lange nicht erreicht“, beklagt Jürgen Bergmann von „Mission EineWelt“, einer der Trägerorganisationen der Veranstaltung. Die Nürnberger Erklärung ruft daher dazu auf, bäuerliche Saatgutsysteme zu achten und zu schützen und Patente auf Leben zu verhindern. Die Umsetzung des Rechts auf Nahrung erfordere den Schutz und die Förderung einer lokal angepassten, nachhaltigen und auf Biodiversität basierenden bäuerlichen Landwirtschaft. Eine Bedrohung dieser Vielfalt sehen die Konventteilnehmer im Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und vor allem durch die Aktivitäten großer Saatgutkonzerne. Die Zulassung gentechnisch veränderter Nahrungs- und Futtermittel müsse gestoppt und schrittweise rückgängig gemacht werden. Laut Bayerischem Rundfunk erinnerte die Biologin Christine von Weizsäcker in ihrem Vortrag zum Fazit des Weltagrarberichts in puncto Sicherung der Agrobiodiversität daran, dass 70% der Weltbevölkerung von Kleinbauern ernährt werden. Gentechnik und industrielle Landwirtschaft seien deshalb keine Lösung, um den Welthunger zu bekämpfen. (ab)

15.05.2015 |

Greenpeace: Pestizide gefährden Gesundheit von Bauern und Verbrauchern

Paprika
Paprika: oft pestizidbelastet (Foto: Global2000/flickr.com)

Pestizide bergen nicht nur Gefahren für die Umwelt, sondern auch für die menschliche Gesundheit, warnt Greenpeace und fordert eine radikale Reduzierung des Chemieeinsatzes sowie die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft. In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht widmet sich die Umweltorganisation der Frage, wie sich der hohe Pestizideinsatz in der industriellen Landwirtschaft auf die Gesundheit auswirkt. Am stärksten in Kontakt mit den Chemikalien kommen Bauern, ihre Familien und Bewohner ländlicher Gebiete, so der Bericht, aber auch Verbraucher, kleine Kinder und Ungeborene seien vor den Gefahren nicht gefeit. „Diejenigen, die unsere Lebensmittel produzieren, werden gefährlichen Pestiziden ausgesetzt - das ist unverantwortlich“, kritisiert die Greenpeace-Expertin für Landwirtschaft, Christiane Huxdorff. Die Organisation hat für den Bericht die Ergebnisse aktueller wissenschaftlicher Studien zusammengefasst und bläst mit ihrem Fazit ins gleiche Horn wie die Weltgesundheitsorganisation, die erst vor wenigen Wochen das am häufigsten eingesetzte Herbizid Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hatte. Laut Greenpeace bringen zahlreiche Studien regelmäßige Pestizidexposition mit einer erhöhten Häufigkeit bestimmter Krebsarten, wie Prostata- oder Lungenkrebs, sowie Erkrankungen des Nervensystems wie Parkinson und Alzheimer in Verbindung. Zu den Gesundheitsfolgen für Kinder, die erhöhten Pestizidkonzentrationen im Mutterleib ausgesetzt waren, zählen eine verzögerte kognitive Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten und Geburtsfehler. Kleinkinder seien besonders gefährdet, da sie im Verhältnis zu ihrer Körpergröße Giften stärker ausgesetzt seien und ihr Stoffwechsel diese langsamer abbaue, warnt der Bericht. Doch Erwachsene sind über Umwelt und Nahrung ebenso Pestiziden ausgesetzt. Auch wenn die Konzentration eines einzelnen Wirkstoffs die gesetzlichen Grenzwerte nicht überschreite, sei unklar, wie sich der Mix verschiedener Ackergifte gegenseitig beeinflusse. 2013 landeten 43.000 Tonnen Pestizide auf deutschen Äckern. Greenpeace fordert daher von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt konkrete Ziele, um den Einsatz drastisch zu reduzieren – vor allem von Chemikalien, die im Verdacht stehen, Krebs auszulösen, das Hormonsystem zu beeinflussen oder eine neurotoxische und erbgutverändernde Wirkung zu haben. Die beste Alternative sei die ökologische Landwirtschaft. „Echte Lösungen für die Landwirtschaft der Zukunft beruhen auf einem Ackerbau mit statt gegen die Natur. Vielfalt auf allen Ebenen ist der Schlüssel – Chemie ist es nicht“, betonte Huxdorff. (ab)

13.05.2015 |

Deutsche Fleischproduktion erreicht Höchststand

Fleisch
Weniger Fleisch ist mehr, so der WWF (Foto: JaBB/flickr.com(

Die deutsche Fleischproduktion hat einen neuen Rekordwert erreicht: Mit 2,08 Millionen Tonnen Fleisch allein im ersten Quartal 2015 wurden 2,9% mehr Tiere geschlachtet als noch in den ersten drei Monaten des Vorjahrs - ein Plus von 58.600 Tonnen. Das vermeldet das Statistische Bundesamt am Montag. Vor allem bei den Schweineschlachtungen ist eine deutliche Zunahme zu verzeichnen: 15 Millionen Schweinen wurde im ersten Quartal in deutschen Schlachthöfen der Garaus gemacht - 436 000 Tiere mehr als im gleichen Zeitraum 2014. Setzt sich dieser Trend fort, dürfte die Fleischproduktion in Deutschland dieses Jahr den bisherigen Rekordwert von 2014 knacken, als 8,2 Millionen Tonnen Fleisch anfiel. Dafür mussten 58,7 Millionen Schweine, 3,5 Millionen Rinder und 728 Millionen Tiere Geflügel sterben - und das, obwohl der Fleischkonsum im letzten Jahr leicht rückläufig war. Der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) gab unter Berufung auf AMI bekannt, dass private Haushalte 2014 etwa 1,5 % weniger Fleisch (inklusive Geflügel und Wurst) kauften als noch im Vorjahr. „Die Erschließung neuer Exportmärkte ist für die Absatzsicherung der deutschen Fleischwirtschaft von existenzieller Bedeutung“, ließ der Verband daher verlauten. Mit gut 4,2 Millionen Tonnen Fleisch exportierte die deutsche Fleischwirtschaft 2014 etwa 3,7 % mehr als noch im Jahr zuvor. Der Umweltverband WWF dürfte von diesen Rekordwerten bei der Fleischproduktion nicht begeistert sein. In seinem am Dienstag veröffentlichten Einkaufsratgeber „Fleisch und Wurst“ empfiehlt die Organisation, weniger und dafür besseres Fleisch zu essen und rät erstmals von konventionell produziertem Fleisch ab. Laut WWF verfehlen über 90 Prozent der in Deutschland angebotenen Fleisch- und Wurstwaren die Mindestanforderungen an ökologische Nachhaltigkeit und Anforderungen an die Tierhaltung. „Die gute Nachricht ist, dass es der Verbraucher in der Hand hat, daran etwas zu ändern“, betont der zuständige WWF-Referent Markus Wolter. (ab)

11.05.2015 |

Wissenschaftler warnen vor Bedrohung der Bodengesundheit

Land
Boden: ein wertvoller Schatz (Foto: Eric Huybrechts/flickr)

Wenn Bodenerosion und der schleichenden Verlust von Agrarland infolge der Verstädterung nicht zügig aufgehalten werden, könnten Ende des Jahrhunderts die Flächen für die Ernährung der Weltbevölkerung knapp werden. Davor warnen Wissenschaftler der University of California, Berkeley (UCB) im Fachjournal Science. Böden bilden die Basis für die Landwirtschaft, verbessern die Wasserqualität und speichern Kohlenstoff. Doch weltweit ist die Bodengesundheit zunehmend bedroht. Die Autoren betonen, dass nicht nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken vielerorts den Verlust an Bodenfruchtbarkeit durch Erosion und den Entzug von Nährstoffen beschleunigt haben. Daher könnte die Landwirtschaft das Blatt wenden und zur langfristigen Gesundheit der Böden – der „lebenden Haut“ des Planeten – beitragen. „Seit der Mensch die Landwirtschaft entwickelt hat, haben wir den Planeten verändert und den Nährstoffkreislauf des Bodens aus dem Gleichgewicht gebracht“, sagt Hauptautor Ronald Amundson von der UCB. Da geologische Veränderungen aber langsam vonstatten gehen, werden sie oft erst nach Generationen bemerkt. Die Grüne Revolution mit ihrem intensiven Einsatz von Chemie und Dünger habe zwar zu einer gewaltigen Steigerung der Agrarproduktion beigetragen, aber auch Bodenerosion verstärkt. Der Studie zufolge werden die meisten fruchtbaren Böden bereits landwirtschaftlich genutzt. Die Urbanisierung verschlingt zudem immer mehr produktive Flächen. Zwischen 1970 und 2000 fiel eine Agrarfläche der Größe Dänemarks der Verstädterung zum Opfer. Die Forscher gehen davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren 1,5 Millionen km² zubetoniert werden, die dreifache Fläche Spaniens. Die Böden gelangen nun an ihr Limit und die Erträge steigen nur noch geringfügig, obwohl riesige Mengen an Mineraldünger eingesetzt werden. Doch diese Form der Nährstoffzufuhr stößt an ihre Grenzen, da Stickstoff, Phosphat und Kalium nicht unendlich verfügbar sind. Die Produktion von synthetischem Stickstoff-Dünger ist energieintensiv und benötigt fossile Brennstoffe, während Phosphor und Kalium aus Gestein und Mineralien gewonnen werden, deren Reserven sich erschöpfen. Da die Vorräte ungleich verteilt sind, könnten politische Querelen aufkommen: „Marokko wird bald die größte Phosphorquelle darstellen, gefolgt von China. Die beiden Länder werden bei der Verteilung ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Viele sprechen schon von der Herausbildung eines Phosphorkartells“, sagt Amundson. Die Autoren fordern daher einen bedachteren Umgang mit den Böden. Bezüglich der Nährstoffe schlagen sie eine Rückgewinnung aus Klärschlamm vor, da jeder Mensch die Stoffe ausscheidet. „Die Nährstoffe können aufgefangen, recycelt und wieder dem Boden zugeführt werden. Zudem ist ein effizienteres Management nötig, um den Bodenverlust zu stoppen. Überschüssiger Stickstoff etwa schadet der Umwelt, da er beim Eintrag in Gewässer diesen Sauerstoff entzieht, das Leben im Wasser zerstört und Todeszonen in Küstennähe verursacht“, schreiben die Forscher. Jes Weigelt vom Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam ist der Ansicht, dass die Studie nur einen Aspekt der Bodenproblematik beleuchtet: „Amundson und seine Kollegen befassen sich in ihrem Artikel zu stark mit dem Angebot an Nährstoffen und zu wenig mit Konsummustern. Über den Bodenverbrauch entscheidet aber auch die Frage mit, wie viel Fleisch wir essen und wie viele Lebensmittel wir wegwerfen“, sagte Weigelt dem Spiegel. (ab)

07.05.2015 |

Schwergewicht Europa: WHO warnt vor Epidemie der Fettleibigkeit

Waage
Europas Waagen schlagen aus (Foto: Dennis S Hurd/flickr.com)

Europa droht bis 2030 eine „Fettleibigkeits-Krise enormer Ausmaße“, wenn nicht zügig gegengesteuert wird. Davor warnte am Mittwoch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Das größte Gewicht müssen die Waagen auf der Grünen Insel tragen: 91% aller Männer und 83% der Frauen könnten in 15 Jahren übergewichtig und 48% der Iren bzw. 57% der Irinnen gar fettleibig sein. Das britische Gesundheitsforum (UKHF) stellte auf einer Konferenz in Prag seine Hochrechnungen basierend auf Daten des Europa-Regionalbüros der WHO für das Jahr 2010 vor. Personen mit einem Body-Mass-Index ab 25 gelten als übergewichtig und mit einem BMI ab 30 als fettleibig. Die Ergebnisse zeigen, dass auch in Ländern, in denen Fettleibigkeit bisher ein weniger schwerwiegendes Problem war, wie in Spanien, Schweden, Österreich und Tschechien, starke Gewichtszunahmen erwartet werden. Vor allem den Griechen wird es bald nicht mehr gelingen, den Gürtel enger zu schnallen: 77% der Männer werden 2030 Übergewicht haben, ein deutliches Plus gegenüber den 66% im Jahr 2010. Die Zahl der fettleibigen Griechen wird sich von 20% auf 44% im gleichen Zeitraum verdoppeln - die Griechinnen machen keineswegs eine bessere Figur. In Deutschland werden zwei Drittel der Männer und etwa die Hälfte der Frauen 2030 an Übergewicht leiden. Fast jeder vierte Mann (24%) und jede fünfte Frau (21%) könnten dann adipös sein. „Unsere Studie zeichnet ein besorgniserregendes Bild steigender Fettleibigkeit in Europa. Wir benötigen dringend Politiken, um diesen Trend umzukehren. Auch wenn es kein Patentrezept gibt, um die Epidemie anzugehen, müssen Regierungen mehr tun, um das Marketing für ungesundes Essen zu begrenzen und gesundes Essen erschwinglicher zu machen“, forderte Laura Webber vom UKHF. Doch politische Maßnahmen zur Förderung gesunder Ernährung sind unbeliebt. Die meisten Deutschen möchte sich bekanntlich nicht einmal an einem Wochentag vorschreiben lassen, auf Fleisch zu verzichten. Und eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage des Instituts Forsa im Auftrag der DAK-Gesundheit zeigt, dass 68% der Deutschen den Vorschlag ablehnen, auf Süßwaren den vollen Mehrwertsteuer von 19% zu erheben statt des ermäßigten Satzes von 7%. Dem lagen Überlegungen zugrunde, wie Übergewicht in Deutschland bekämpft werden kann. Nach Angaben der DAK-Gesundheit wurden 2013 mehr als 18.000 Bundesbürger wegen Adipositas oder sonstiger Überernährung im Krankenhaus behandelt - ein Anstieg von 154% im Vergleich zu 2005. Die WHO hat zumindest für die Niederlande positive Annahmen zu bieten: Dort werden die Menschen etwas schlanker und nur jeder Zehnte wird 2030 mit Fettleibigkeit zu kämpfen haben. (ab)

05.05.2015 |

Agrarlobby nutzt dürretoleranten Mais als Türöffner für Afrikas Saatgutmärkte

Mais
Dürregebeutelter Mais (Foto: Anne Wangalachi/CIMMYT)

Dürren zerstören in Afrika oft ganze Ernten und lassen die Bevölkerung hungern. Der Klimawandel wird dem Kontinent noch häufigere und länger anhaltende Hitzewellen bescheren. Afrikanische Kleinbauern sind daher auf Pflanzensorten angewiesen, die der Dürre gut trotzen können. Darauf schielen bereits zahlreiche Agrarkonzerne, die mit dürreresistenten Sorten den afrikanischen Saatgutmarkt erobern wollen. Eine neue Studie, die das African Centre for Biodiversity (ACB) gemeinsam mit Brot für die Welt veröffentlichte, nimmt das von der Gates-Stiftung und Monsanto geförderte Projekt „Water Efficient Maize for Africa“ (WEMA) genauer unter die Lupe, dessen Ziel die Entwicklung von Maissorten ist, die auch bei Dürre wachsen. Die Studie kritisiert jedoch, dass im Rahmen des Projekts Kleinbauern und Kleinbäuerinnen unter dem Vorzeichen von Philanthropie dazu motiviert werden, Hybridmais und vor allem auch gentechnisch manipulierten Mais anzubauen. Denn diese Sorten erfordern den Einsatz von Dünger und Pestiziden und überfordern damit die finanziellen Möglichkeiten vieler Bauernfamilien. Bleiben dann noch die Ernten hinter den Erwartungen zurück, droht die Schuldenfalle. Bei extremer Trockenheit fallen die Ernten der dürreresistenten Sorten oft deutlich schlechter aus bei traditionellen Sorten. An den edlen Beweggründen lässt zweifeln, dass zu WEMAs Portfolio auch der Gentechnik-Mais MON 810 gehört: „Wirklich beunruhigend ist die Tatsache, dass auch der in Südafrika spektakulär gescheiterte schädlingsresistente Monsanto-Mais (MON 810) in weiteren WEMA-Partnerländern auf den Markt gebracht werden soll“, betont Mariam Mayet, Direktorin des African Centre for Biodiversity. Auch Brot für die Welt sieht das WEMA-Projekt kritisch: „Es ist zynisch, wie Kleinbauern und -bäuerinnen in die Abhängigkeit getrieben werden, während ihr eigentlicher Klimatrumpf, die traditionelle Sortenvielfalt, auf ihren Feldern verlorengeht“, sagt der Referent für Klima und Landwirtschaft des Hilfswerks, Eike Zaumseil. (ab)

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